Menschen mit Demenz

Menschen mit Demenz - meine Gedanken dazu

  • Demenz ein Schlagwort: Prof. Erwin Böhm lehnt das Wort *Demenz* und *Morbus Alzheimer* ab. Altern ist eine Konfliktsituation, die letzte Trotzphase, man gleitet in die Emotionalität ab. Die Lebensbiografie wird als Therapie bei alten Menschen herangezogen. 
  • Anforderungen vom Bewohner: oft zu hoch, können nicht immer erfüllt werden. Herausforderungen nicht immer machbar, schwer zu bewältigen.
  • Pflegestandards: stossen sehr oft an ihre Grenzen, bzw. werden nicht selten überschritten. 
  • Personalknappheit: ist mittlerweile chronisch. Immer weniger arbeitende Pfleger/Pflegerinnen sollen immer mehr leisten. Noch dazu kommen chronische, oft nicht nachvollziehbare Krankenstände, welche das Personal noch zusätzlich psychisch belastet, als ob es nicht schon genug Herausforderungen gäbe, die Gefahr das mehr oder weniger hochqualifizierte Mitarbeiter noch mehr Belastungen aushalten müssen und nicht besonders arbeitseifrige *mitschleppen* müssen. Irgendwann werden dann die Belastungen sehr groß und das System droht zu kollabieren. In diesen Umfeld zu arbeiten auf Dauer professionelle Leistungen zu bringen, insbesondere bei Menschen mit Demenz ist schon eine gewisse Herausforderung die man nicht unterschätzen sollte. Ich bin seit 1. Oktober 1996 in der Pflege und arbeite mit Demenz Kranken Menschen seit 1. Mai 1997. Das man dann manchmal an sich selber zweifelt und glaubt selber in den Anfangsstadien der Demenz zu sein ist, wenn ich so nachdenke nicht sonderlich verwunderlich. Eines ist schon klar, nur wenn es uns Pfleger/Pflegerinnen gut geht, gehts auch den Bewohnern gut.
  • Was mir in den Jahrzehnten meiner Pflegetätigkeiten besonders auffällt: und nicht erst seit Prof. Erwin Böhm (Reaktivierende Pflege - Leben und Wiederaufleben) mir das einmal 2010 in einen Vieraugengespräch gesagt hat und mir auch sein Buch Sexualität in der Demenz mit *für den lieben Johannes* signiert hat, ist die Stimmungslage beim Personal. Prof. Böhm sagte das in einen Beispiel so....
  • da steht eine grantige Pflegeperson vorm Lift, in diesen stehen nur gut gelaunte Mitarbeiter.
  • die grantelnde, böse Schwester steigt ein und schaut sich die gut gelaunten Mitarbeiter an.
  • oben angekommen steigen nur schlecht gelaunte Mitarbeiter aus....
  • Natürlich sollte man versuchen sich in Demenz Kranke reinzuversetzen: und vielleicht lernt man besser sie zu verstehen, warum zb. Leute mit Korsakow Syndrom, so sind wie sie sind und urplötzlich explodieren können, wenn sie mit einen Sessel zu schimpfen anfangen und dann den nächsten der ihnen in den Weg kommt angreifen und schlagen wollen. 
  • Für uns Gesunde Pflegende: glaub ich kann der routinemäßige Alltag mit unseren anerzogenen Wissen und Schnellebigkeit in den Handlungen schon ein gewisses Risiko bringt, das der Bewohner nicht immer die Aufmerksamkeit bekommt die er sich verdient. Wenn man dann an den knappen Personalschlüssel denkt und auch Mitarbeiter welche nicht so effizient arbeiten wie sie sollten, also Personal welches man *mitschleppen* muß, sowie dann einer mal nicht kommt und man eine Pflegende Person im Dienst noch ersetzen muss dann kann man sich an einer Hand ausrechnen was das für den Bewohner/Patient bedeutet. 
  • Pflege: einerseits ist die Herausforderung in der Pflege immer spannend, andererseits muß jeder einzelne für sich selber einschätzen was er bringen kann und was nicht. Sobald man *verheizt* ist wird der Pflegende selber zum Bewohner/Patient, das hilft auch niemanden. Es gilt den *goldenen Mittelweg* für sich selber zu finden und ohne Unterstützung der Pflegedienstleitungen welche vorausschauend den Dienstplan so gestalten um eine gewisse Harmonie in der Pflege zu Gewährleisten (was auch für PDL`s eine Herkulesleistung ist) wird das wohl schwer zu machen sein, in Zukunft noch schwerer. Übrig bleibt immer der Bewohner/Patient und die Zukunft schaut nicht rosig aus, aber das haben sie mir schon 1993 zu Beginn meiner Ausbildung zum DGKP gesagt *lach* Eine Win Win Situation für den Bewohner/Patienten ist natürlich wenn ihnen ein entspannter, ruhiger vom Urlaub kommender Pfleger entgegenstrahlt, welcher ausgeruht ist und für sich das richtige Dienstausmaß bekommt. Leider geht aber die Pflege noch viel Tiefer. Hat der Pfleger/die Pflegerin private Soziale Probleme, Geldsorgen, Beziehungsprobleme usw. und ist gebunden an 100% Dienstausmaß kann es manchmal für den Bewohner/Patienten natürlich sehr unangenehm werden, wenn der Pflegende schlecht strukturiert ist und immer am Anschlag arbeitet. Das sind dann dien gefährlichsten Personen die einen gegenüberstehen. Da ist dann natürlich wieder die PDL gefordert das abzufangen.
  • Damit es den Bewohner/Patienten in allen Belangen gut geht: muß eine Demenzeinrichtung von oben her gut strukturiert sein, gut ausgebildet sein und natürlich von Haus aus die Einzelperson ein Sozial geprägter Mensch sein. Wichtig sind auch Fortbildungen, das sollte man nicht unterschätzen. 
  • Zuerst kommt die eigene Pflege: dann kann man sich um andere kümmern. Nur wenns mir gut geht, kann es auch den Bewohner gut gehen. 
  • Kommunikation: non verbal und verbal ist wohl die stärkste Waffe der Pflegekraft, neben der Struktur die man sich selber setzen muß um durch den Tag zu kommen. Über die Jahre lernt man als Pfleger/Pflegerin automatisch non verbale Körperhaltung gut zu deuten, da braucht der Mensch selber nicht viel sagen. Passt die Körperhaltung, Mimik, Gestik usw, nicht mit dem gesagten zusammen, ist der Narzissmus/narzisstische Züge (diagnostiziert oder nicht diagnostiziert) nicht weit weg. Lokal ist ein ausgeprägter Narzissmus weit verbreitet, was nicht unwesentlich für die Pflegekraft ist, auch das spielt eine nicht unwesentliche Rolle in unserer täglichen Arbeit, vor allem mit Angehörige. 
  • Ziele setzen: Ich glaube wenn man sich keine realistischen Ziele für sich selber setzt (Nahziele, Fernziele) geht man im *Meer der Kranken Leute* unter und findet kein rettendes Ufer.  
  • Abstecken der Perspektive: was ist mein Aufgabenbereich, was darf/muß ich leisten, was müssen andere tun, was kann ich von anderen Berufsgruppen erwarten und einfordern (Rettungspersonal, Ärzte, PDL, Mitarbeiter, Ehrenamtliche usw.).
  • Das wohl schwierigste im Leben: sind wohl Beziehungsarbeiten. Sie begleiten uns ein Leben lang. Dann kommt schon das berufliche Beziehungsleben. Es ist sicher nicht einfacher als das Private. Es folgt die berufliche Beziehungsarbeit. Da bringt sich der eine mehr, der andere weniger ein. Wie kann, sollte das Beziehungsmuster individuell aussehen zwischen Mitarbeiter untereinander (und da muß man sich je nach Teamzusammensetzung täglich ändern, also variabel arbeiten) sowie jeden einzelnen Patienten. Auch da ändert sich täglich viel, je nach Stimmungslage und körperlicher Verfassung. Da sind ja noch die lieben Angehörigen, wie geh ich mit ihnen um ? Ja die Pflegekraft ist für alles Zuständig, das darf man nicht vergessen wenn man sich die Pflege *antut*. Also liebe Leute wenn ihr viel Geld verdienen wollt und eine ruhige Kugel schieben wollt, seit ihr in der Pflege falsch. Man darf nicht vergessen, ohne dickes Fell ist es schwer in der Pflege zu bestehen, denn wir die vermeintlich gesunden haben viele Menschen um uns welche krank sind, also von unserer Hilfe abhängig sind und uns immer neu herausfordern. 
  • Kompetenzbereich: da fällt mir ein Beispiel von früher ein. Wir hatten damals eine Bewohnerin, mit übereifrigen Angehörigen. Eine Kollegin die später sogar PDL in einer anderen Einrichtung wurde und ich hatten Dienst. Da kam der Sohn und sagte zu meiner Kollegin, was sie mit ihrer Mutter pflegerisch sofort machen solle. Meine Kollegin ging sofort und tat alles was der Sohn  ihr sagte. Ich stellte sie danach zur Rede und wir sprachen darüber. Beim nächsten Dienst versuchte der Sohn das gleiche mit mir. Ich bat den Sohn ins Dienstzimmer. Ich fragte ihm ob er die Kompetenzen von mir anzweifle und ob er kein Vertrauen in unsere Arbeit hätte, dann sei er in unserer Einrichtung falsch. Es wäre dann wohl besser wenn er seine Mutter in ein anderes Pflegeheim bringen würde und empfahl ihm ein Gespräch mit der PDL. Der Sohn hatte mir dann von einer besonders engen Beziehung zu seiner Mutter erzählt und sich für sein Verhalten entschuldigt. Ich habe ihm zu verstehen gegeben das es in Ordnung sei, aber er sollte in uns ein gewisses Vertrauen in unserer Arbeit schon haben sonst wird es schwierig. Ich empfahl den Mann trotzdem ein Gespräch mit der PDL. Danach gab es mit ihm kein Problem mehr und er hat sich bei mir sogar im nachhinein bedankt, ihm aus dem Loch geholt zu haben. Beziehungsarbeit und abstecken von Kompetenz ist aus meiner Sicht sehr wichtig. 
  • In den Schuhen des anderen gehen: ist wohl das Spannendste was uns in der Pflege mit Demenz Kranken Leuten unterkommt und es ist auch wichtig, die Biografie zu kennen um den Bewohner/Patienten gut durch den Alltag zu bekommen. Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man schon bei der Aufnahme des Bewohners das Gespräch mit den Angehörigen suchen, um den Bew./Pat. bestmöglich zu integrieren. Prof.E.Böhm meint, es sollten viele Gschichterl vom Bewohner zusammengetragen werden, denn diese steuern uns. Hier kommt der Animation im Haus eine sehr bedeutende Rolle zu, ob es den Bew. gut geht und er sich wohl fühlt, neben der Medikamentösen und pflegerischen Herausforderung. Prof. Böhm hat in diesen Zusammenhang die Fluchteckerl beschrieben. In diesem Fall sollte man den Bew. 3 Dinge die ihm wichtig waren in diesen zu platzieren. Diese Dinge sind dann dem Bewohner vertraut und er ist weniger ruhelos und bleibt uU. länger im Zimmer und verringert die Fluchtgefahr. Auf jeden Fall sollte man individuell auf den Bewohner eingehen und nicht alle Frauen Kartoffel schälen lassen, denn nicht jede Frau hat das gerne getan, dieses Beispiel hat Prof. Böhm im TV gebracht.  
  • Was hilft an Demenz erkranken Bewohner noch durch den Alltag: Gestaltung der Zimmertür individuell für den Bewohner mit seinen Bild oder anderen Dekos, damit der Bewohner sein Zimmer leichter findet. Bekannte Rituale zum bestimmten Zeitpunkt. Natürlich kommt es immer auf das Stadium der Demenz an. 
  • Fortsetzung/Evaluierung: folgt bei Bedarf und Motivation/Lust..... Pflegeprozesse kommen nicht von heute auf morgen zustande.... viel Spaß in meiner Welt.